Borgwardt: Wir brauchen Aufklärung, historische Aufarbeitung und Dokumentation
Zur Landtagsdebatte „Verfolgung von Homosexuellen nach 1945 aufklären und dokumentieren“ erklärt Siegfried Borgwardt, rechtspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion von Sachsen-Anhalt:
„Homosexuelle wurden in Deutschland über viele Jahrzehnte hinweg diskriminiert. Es bestand auch nach 1945 aufgrund der strafrechtlichen Verfolgung von Homosexuellen ein Klima der Angst und gesellschaftlichen Ächtung. Zwischen 1949 und 1969 kam es in Westdeutschland zu etwa 50.000 rechtskräftigen Verurteilungen nach dem § 175 StGB, die bis heute Gültigkeit besitzen. Auch in der früheren DDR kam es zu Verurteilungen, auch wenn dort die in der NS-Zeit vorgenommene Verschärfung des § 175 StGB bereits 1950 zurückgenommen worden ist. Gestrichen wurde die Vorschrift nach der Wiedervereinigung erst 1994, aus meiner Sicht viel zu spät.
Aus heutiger Sicht möchten wir diese schreckliche Realität der Strafverfolgungspraxis gern ungeschehen machen! Die Rehabilitation der Menschen, die nur deshalb vorbestraft sind, weil sie homosexuell sind, ist heute keine gesellschaftliche Debatte mehr. Wir befürworten die Initiative Berlins im Bundesrat für Maßnahmen zur Rehabilitierung und Unterstützung der Betroffenen, die nach 1945 in beiden deutschen Staaten wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilt wurden.
Unser Grundanliegen ist es, dass eine formelle Aufhebung der entsprechenden Strafurteile sowie eine daraus resultierende Entschädigung ernsthaft nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zu prüfen ist.
Unsere Mindesterwartung ist es jedoch, dass wir durch eine bundesweit einheitliche Verfahrensweise Wege finden müssen, im Sinne der Garantie des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit die Ehre der Betroffenen wieder herzustellen. Hierfür brauchen wir auch Aufklärung und historische Aufarbeitung zur strafrechtlichen Verfolgung von Homosexuellen auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts.“