Jürgen Scharf / Eva Feußner: Wer Rot wählt, schafft die Gymnasien ab!
Zu der Äußerung des SPD-Spitzenkandidaten Jens Bullerjahn, die SPD beanspruche für ihren Kandidaten Dorgerloh das Amt des Kultusministers, erklären der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Jürgen Scharf, und die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Eva Feußner:
„Die SPD führt eine Debatte zur Unzeit. Wenn sich Herr Dorgerloh bereits als ´Ermöglichungsminister´ auf dem Posten des Kultusministers sieht, um die Beschlüsse des Bildungskonvents umzusetzen, dann verkennen er und die SPD die Lage und Stimmung in der Bevölkerung.
Die SPD vertraut offensichtlich darauf, dass sie eine Mehrheit der Bevölkerung für das längere gemeinsame Lernen in Form der von ihr propagierten Gesamtschule hinter sich hat. Herr Dorgerloh setzt, so heißt es, auf Konsens, um auf freiwilliger Basis die Ziele des Bildungskonvents umzusetzen. Die Gesamtschule soll bis zur Klasse 12 geführt werden, und auch den Sekundarschülern soll der Weg zum Abitur offen stehen. Die Städte und Gemeinden sollen selbst entscheiden, ob sie den Weg des längeren gemeinsamen Lernens an der Gesamtschule einschlagen wollen. Dies klingt alles gut und vernünftig und vor allen Dingen sehr demokratisch. Ein Blick nach Thüringen zeigt jedoch, dass es dort mit der angeblichen „Freiwilligkeit“ nicht weit her ist. Ist dies ein wirklich einleuchtender Weg für unsere Schullandschaft in Sachsen-Anhalt? Dorgerlohs Weg führt mittelfristig zur Abschaffung des Gymnasiums.
Die CDU-Fraktion setzt sich dagegen für den Erhalt des differenzierten Schulwesens ein, weil es sich seit seiner Existenz 1990 bewährt hat und weil es hohes Ansehen in der Bevölkerung genießt. Wir sind für den Erhalt der verschiedenen Schulformen, denn nur so können die Lehrkräfte an unseren Schulen auf die individuellen Begabungen und Neigungen ihrer Schülerinnen und Schüler eingehen. Gerade die Vielfalt der verschiedenen Schulformen garantiert unserer Ansicht nach ein größtmögliches Maß an individueller Förderung. Die CDU tritt ein für ein leistungsorientiertes Schulwesen. Es ist in der Bildungswissenschaft unumstritten, dass das jeweils höchste Leistungsniveau nur in einem dafür vorgesehen Lernumfeld erreicht wird. Die Sekundarschule mit ihren Schülern verlangt andere Anforderungen als sie an einem Gymnasium von den dortigen Schülern erwartet werden können und müssen. Sekundarschulen sind die ´Zukunftswerkstatt für Fachkräfte´.
Sie sichern die Ausbildungsreife und führen zu anerkannten Abschlüssen für den Übergang in eine anspruchsvolle berufliche Ausbildung. Gymnasien hingegen qualifizieren zur allgemeinen Hochschulreife. Sie haben sich als attraktive und international wettbewerbsfähige Schulform seit Jahrzehnten etabliert. Die CDU setzt sich für ein abgestimmtes Vorgehen bei der Durchführung der Abiturprüfungen zunächst in den drei mitteldeutschen Ländern Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt ein, mit dem Ziel deutschlandweit vergleichbare Abiturprüfungen ablegen zu können. Wir setzen uns darüber hinaus dafür ein, die Hochbegabtenförderung an Gymnasien zu verbessern. Schließlich soll die Zukunft der existierenden Förderschulen nicht in Frage gestellt werden. Wir treten dafür ein, dass die Förderzentren zu Kompetenzzentren für gemeinsames Lernen behinderter und nicht-behinderter Kinder entwickelt und ausgebaut werden.
Es wird immer wieder vorgetragen, dass unser Bildungssystem zu wenig durchlässig hin zu höheren Bildungsabschlüssen sei. Dem ist nicht so. Auch ´Spätstartern´ stehen alle Bildungsabschlüsse offen. Schon jetzt erreichen ca. 30 Prozent der Schülerinnen und Schüler über den vereinfachten Hochschulzugang ohne den konventionellen gymnasialen Weg Zugang zu den Universitäten und Hochschulen. Gleichwohl sind die Möglichkeiten für verschiedene Kooperationsformen zwischen Schulen verschiedener Schulformen noch längst nicht ausgeschöpft.
All dies wäre gefährdet, wenn wir den Forderungen der SPD nach strukturellen Änderungen im Schulwesen nachgäben. Die Forderung des längeren gemeinsamen Lernens ist nichts anderes als die Forderung nach einer Gesamtschule, in der alle Kinder unterrichtet werden. Diese Forderung ist schon jetzt in Form der Integrierten und kooperativen Gesamtschulen erfüllt. Wer Gesamtschulen – oder Gemeinschaftsschulen – will, der gefährdet die bewährte Leistungsschule Gymnasium, denn die Schülerzahl ist nun einmal nicht beliebig auf die Schulformen teilbar. Schulstandorte insbesondere von Gymnasien wären gefährdet. Und er gefährdet das Niveau, das zur Erlangung der allgemeinen Hochschulreife unerlässlich ist. Es würde Unruhe an den Schulen entstehen, was als Konsequenz die Erfolge bei Schulleistungsuntersuchungen wie PISA in Frage stellte. Dies alles will die CDU den Eltern und Schülern nicht zumuten. Deshalb sprechen wir uns klar gegen das längere gemeinsame Lernen aus und stützen das differenzierte Schulwesen in unserem Land. Alles andere wäre Verrat an den eigenen bildungspolitischen Überzeugungen, für die wir in den vergangenen Jahren in die Regierungsverantwortung gewählt worden sind. Wir stützen uns dabei auf namhafte Bildungsforscher wie Helmut Fend, der in Bezug auf seine eigenen Studien ausgeführt hat: ´Selten hat mich das Ergebnis meiner Forschungen so überrascht und enttäuscht wie diesmal: Die Gesamtschule schafft unterm Strich nicht mehr Bildungsgerechtigkeit als die Schulen des gegliederten Schulsystems – entgegen dem Anspruch und entgegen den Hoffnungen vieler Schulreformer, denen ich mich verbunden fühle.´
Herr Dorgerloh kann zwar auf einige Erfahrungen aus dem Bildungskonvent zurückgreifen, aber er ist als in Berlin Lebender nicht im Land Sachsen-Anhalt verankert. Er scheint seine neue Aufgabe als Beauftragter der Evangelischen Kirche Deutschlands für die Lutherdekade 2017 nicht sonderlich ernst zu nehmen, wenn er diese so leichtfertig aufzugeben bereit ist. Die Öffentlichkeit darf sich dann schon fragen, ob er für das Amt des Kultusministers die richtige Besetzung ist.“